Blog, 20.02.2023

Berg- und Talfahrt für den Most

Das Mostmachen hat in Oberösterreich schon eine lange Tradition. Die Grundlagen für den Most waren und sind noch immer die wunderbaren Birnen und Äpfel unserer Streuobstwiesen. Diese prägen unser Landschaftsbild eindrucksvoll und bieten einen der artenreichsten Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Seit langem wird in Oberösterreich Most gemacht. Erste Aufzeichnungen zeigen, dass bereits die Kelten Obstmost getrunken haben. Allerdings nicht unbedingt zum Genuss, wie das heute der Fall ist, sondern zur Verdauungsförderung. Schon damals waren die Birnen und Äpfel auf den Streuobstwiesen die Grundlage. 

Die Mostkultur zu bewahren ist unweigerlich mit dem Erhalt der Streuobstwiesen verbunden. Bereits Kaiser Joseph II hatte dies erkannt und erließ 1789 ein Dekret, das alle heiratenden Bauersleute verpflichtete, im selben Jahr der Hochzeit Obstbäume zu pflanzen. Im 19. Jahrhundert wurde der Most zum „Volksgetränk“ und wurde ein sehr wichtiger Bestandteil des Lebens am Bauernhof.  Wer einen „gscheiten“ Most herstellte, war auch als Arbeitgeber besonders angesagt. Eine „Employer Branding“ Maßnahme von damals, könnte man sagen. „Meine Oma erklärte mir immer ganz genau, bei welchen Bauern es guten Most gibt“, erinnert sich Norbert Eder, Mostmacher und -sommelier vom Pankrazhofer im Mühlviertel. Der Most wurde somit zum Aushängeschild und Qualitätsmerkmal für die bäuerlichen Betriebe. „Dieses Haus hat der Most gebaut“, sagt auch der Volksmund bei den imposanten Vierkanthöfen in Oberösterreich.

Nach dem 2. Weltkrieg erlitt der Most ein jähes Schicksal. Durch die modernen Kühlmöglichkeiten wurde das Bierbrauen ein sehr einfacher Prozess, der mit gleichbleibender Qualität mehrmals im Jahr vollzogen werden konnte. Damit wurde Bier viel billiger und immer weniger Most wurde getrunken. Die Landwirtschaft wurde außerdem mechanisiert, weshalb weniger Arbeiter auf den Höfen benötigt wurden. Weniger Leute auf den Bauernhöfen hieß weniger Mostkonsum. Die Most-Produktion verlor an Bedeutung, ihr wurde weniger Beachtung geschenkt und, kaum verwunderlich, verminderte sich die Qualität.

Die 80er Jahre brachten die Trendwende. Den Bauersleuten wurde wieder bewusst, welch wertvollen Ressourcen rund um ihre Höfe wachsen und waren bemüht, die fruchtigen Geschmäcker ins Glas zu bringen. „Meine Eltern haben in den 90er Jahren einen Mostheurigen eröffnet. Von da an beschäftigte sich mein Vater mit großer Leidenschaft mit der Art und Weise des Mostmachens. Damals gab es einen einzigen Most – den „Mischlingsmost“, also einen Apfel-Birnen-Most. Heute machen meine Frau Eva und ich über 10 reinsortige und gemischte Moste“, erzählt Norbert.

Was macht also den großen Qualitätsunterschied vom Most aus? Fachliches Wissen, Erfahrung und moderne Kellertechnologien helfen, den Gärungsprozess perfekt zu steuern. Was die Qualität allerdings auf ein ganz anderes Level hebt, ist zweifelsfrei die Leidenschaft und Naturverbundenheit des Mostmachers. „Wir lieben die Sortenvielfalt der Streuobstwiesen, das Ungewisse der Natur, weil sie jedes Jahr andere Erntemengen und Geschmacksaromen bringt und den feinfühligen Prozess, durch den über Monate aus Birnen und Äpfel ein einzigartiger Genussmoment wird“, erklärt Norbert.

Alarmierend ist allerdings der Rückgang unserer wertvollen Streuobstwiesen. 1960 wurden in Österreich noch fast 400.000 Tonnen Mostobst geerntet. 2011 waren es nicht mal mehr 100.000 Tonnen. „Wir müssen dafür sorgen, dass das Obst einen Wert hat, für den es sich lohnt, die Streuobstwiesen zu erhalten. So können wir vieles bewahren: Den wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen, unser schönes Landschaftsbild und natürlich unsere viel geschätzte Mostkultur“, so Norbert.

Eva und Norbert Eder sind überzeugte Bio-Bauern. Auf ihrem Hof, dem Pankrazhofer, in Tragwein im Mühlviertel, reifen Äpfel und Birnen auf Streuobstwiesen, wachsen alte Getreidesorten auf den Feldern und weiden Kälber mit ihren Mutterkühen auf den Wiesen. Der Most ist eine der Wurzeln vom Pankrazhofer und wurde schon vielfach prämiert.

Übrigens: Du kannst den Pankrazhofer auch selbst bei einer Führung und Verkostung erleben. Mehr Infos findest du hier: pankrazhofer.at

Text: Eva Eder 
Foto: MaRA HOHLA

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