Blog, 27.05.2025

Mühlviertler Granitlavendel – eine Erfolgsgeschichte zwischen Klimawandel, Genuss und Biodiversität

Wie eine mediterrane Pflanze im Norden Österreichs Wurzeln schlägt

Als vor einigen Jahren zahlreiche Lavendelpflanzen ihre violetten Köpfe aus dem kargen Boden des oberösterreichischen Mühlviertels reckten, staunten viele nicht schlecht: Lavendel? Hier, in einer der kühleren Regionen Österreichs, bekannt für raues Klima und granitgeprägte Böden? Was zunächst wie ein Experiment anmutete, entpuppte sich bald als zukunftsweisende Idee. Heute steht die neue Produktlinie der Österreichischen Bergkräutergenossenschaft, Granitlavendel, sinnbildlich für eine klimabewusste, biodiversitätsfördernde und genussvolle Landwirtschaft.

Der Anfang: Mutige Bio-Bäuer:innen und eine Vision

Die Geschichte beginnt um das Jahr 2020, als sich sechs Höfe der Österreichischen Bergkräutergenossenschaft zusammenschlossen. Ihre Idee: eine Pflanze kultivieren, die vom Klimawandel profitiert, naturnah gedeiht und zugleich aromatische, hochwertige Produkte liefert. Lavendel, traditionell in den warmen Regionen Frankreichs und Spaniens beheimatet, hatte dort zunehmend mit Trockenstress, Schädlingen und Bodenerosion zu kämpfen.

Im Mühlviertel hingegen verändert sich das Klima: Die Winter werden milder, die Vegetationsperiode länger. „Das Mühlviertel ist grundsätzlich sehr gut für den Kräuteranbau geeignet. Besonders der Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht sorgt dafür, dass die Pflanzen mehr ätherische Öle einlagern“, erklärt Kräuterbauer Alois Resch.

Die Idee wurde wissenschaftlich begleitet – durch das FiBL (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) in Aigen-Schlägl und den erfahrenen Maschinenbauer Johannes Mittermair. Erste Versuche zeigten schnell: Der Lavendel wuchs nicht nur gut, er entwickelte auch ein besonders intensives Aroma.

Granitlavendel: Eine Marke entsteht

Die Kombination aus klimatischen Bedingungen, biologischer Wirtschaftsweise und dem mineralreichen Boden führte zur Entwicklung einer neuen Produktlinie: Granitlavendel. Der Name ist Programm – er verweist auf den markanten Untergrund der Region ebenso wie auf die Standfestigkeit und Anpassungsfähigkeit dieser Kulturpflanze. Anders als viele importierte Lavendelsorten zeichnet sich der Granitlavendel durch ein besonders feines, nuancenreiches Aroma aus – ideal für die gehobene Küche.

Lebensmittel statt Kosmetik: Ein bewusster Weg

Anders als viele andere Lavendelprojekte setzt man im Mühlviertel nicht auf Kosmetik, sondern bewusst auf kulinarischen Genuss. Brotgewürze, Tees, Sirup, Salz- und Gewürzmischungen zeigen, wie vielseitig die duftende Pflanze in der Küche einsetzbar ist.

Klimawandel als Herausforderung und Chance

Das Projekt steht exemplarisch für eine Landwirtschaft, die den Klimawandel nicht nur als Bedrohung, sondern auch als Impuls für Innovation begreift. Lavendel als Klimawandel-Gewinnerpflanze bietet Perspektiven für Betriebe, die andernfalls möglicherweise ihre Produktivität einbüßen würden. Gleichzeitig reduziert der biologische Anbau den CO₂-Fußabdruck, schont Ressourcen und stärkt die regionale Unabhängigkeit.

Biodiversität und Nachhaltigkeit

Granitlavendel ist mehr als nur eine neue Kulturpflanze: Er schafft Lebensraum für Wildbienen, Schmetterlinge und andere Bestäuber, die in der heutigen Agrarlandschaft oft kaum noch Nahrung finden. Die Felder blühen über Wochen hinweg und tragen so zur Erhaltung wertvoller Ökosysteme bei.

Slow Food im besten Sinne: gut, sauber, fair

Der Granitlavendel steht in besonderer Weise für die Prinzipien von Slow Food:

  • Gut: Die Produkte überzeugen durch intensiven Geschmack und hohe Qualität.

  • Sauber: Der gesamte Anbau erfolgt nach strengen Bio-Richtlinien, die Verarbeitung ist ressourcenschonend und transparent.

  • Fair: Die beteiligten Bäuer:innen erhalten faire Preise und eine Abnahmegarantie. Die Genossenschaftsstruktur sichert Mitbestimmung und gemeinschaftliche Verantwortung.

Fazit: Ein Projekt mit Zukunft

Was als Pilotprojekt begann, ist heute ein Paradebeispiel für resiliente, regionale Landwirtschaft. Der Mühlviertler Granitlavendel verbindet Genuss mit Verantwortung, schafft neue Perspektiven für die Bio-Landwirtschaft und zeigt, wie Wandel positiv gestaltet werden kann. Für die Slow Food Community ist das Projekt eine Einladung, diesen Weg mitzugehen – als Genießer:in, Unterstützer:in oder Mitgestalter:in.