Blog, 20.05.2025

Weniger Hendl & Pute, mehr Vielfalt: ein Gespräch mit Eiermacher-Geschäftsführer Manfred Söllradl

Die Eiermacher GmbH mit Sitz in Kremsmünster (OÖ) ist seit vielen Jahren ein engagierter Unterstützer von Slow Food. Das Unternehmen steht für eine Geflügelproduktion, die Genuss, Tierwohl und Nachhaltigkeit miteinander verbindet. Mit dem konsequenten Einsatz für die Aufzucht männlicher Küken, dem Aufbau einer vollständigen Bio-Enten-Wertschöpfungskette und innovativen Produkten wie Pulled Duck oder Duck-Burger zeigen die Eiermacher, dass verantwortungsvolle Lebensmittelproduktion auch zukunftsweisend und genussvoll sein kann. Im Interview gibt Geschäftsführer Manfred Söllradl Einblicke in aktuelle und innovative Projekte des Betriebs.

In den letzten Jahren habt ihr euer Sortiment erweitert und bietet nun auch sogenannte Halb-Convenience-Produkte an – also vorgegarte Geflügelgerichte in Bio-Qualität, die sich einfach und schnell zubereiten lassen. Was hat euch zu dieser Erweiterung bewegt, und wie wird das Angebot von Gastronom:innen und Konsument:innen aufgenommen?

Dazu gab es ursprünglich zwei Ideen: Erstens ist das ein klarer Trend der Zeit. Viele Menschen haben heute weniger Zeit oder Lust zu kochen – oft fehlt auch das nötige Wissen. Mit unseren Sous-vide-Produkten bieten wir hochwertige Bio-Produkte, die schnell und unkompliziert zuzubereiten sind. Zweitens spielt die sogenannte „Gelinggarantie“ eine große Rolle. Viele Konsument:innen zögern, ein teures Produkt zu kaufen, aus Angst, es zu Hause nicht richtig hinzubekommen. Mit unseren sous-vide gegarten Produkten kann das nicht passieren – sie gelingen immer. Unsere Produkte kommen beim Endkonsumenten sehr gut an: Die Bio-Ente – sowohl als Sous-vide-Keule als auch als Filet – gehört mittlerweile zu den meistverkauften Produkten unserer Bio-Entenlinie im Handel. In der Gastronomie ist das Bild geteilt: In der Systemgastronomie und in Großküchen ist das Thema Halb-Convenience sehr präsent. In klassischen Restaurants arbeiten viele Köche lieber mit Rohprodukten, weil sie damit ihre eigene Handschrift besser einbringen können.

Ein besonders innovatives Beispiel dafür sind Pulled Duck und Duck-Burger – fertig gewürzt, sous-vide gegart und im Handumdrehen servierbereit. Wie ist diese Produktidee entstanden und welches Feedback habt ihr bisher erhalten?

Wir produzieren ganzjährig Bio-Enten – gemeinsam mit unseren Partnerbetrieben. Daher brauchen wir auch außerhalb der klassischen Entensaison im Herbst und rund um Weihnachten attraktive Vermarktungswege. Mit Pulled Duck und dem Duck-Burger haben wir genau dafür innovative Alternativen geschaffen – gerade auch für die Grillsaison im Sommer. Pulled-Meat-Produkte haben sich in den letzten Jahren als echter Trend etabliert, insbesondere im BBQ-Bereich. Das Feedback, das wir bisher erhalten haben, ist durchweg positiv: Die Produkte überzeugen geschmacklich, das Fleisch lässt sich gut zupfen, ist zart – und das alles in 100% Bio-Qualität.

Gerade in der Gastronomie sind Huhn und Pute nach wie vor der Standard – andere Geflügelarten wie Ente oder Bruderhahn haben es oft schwer, sich durchzusetzen. Worin liegen aus eurer Sicht die größten Herausforderungen, um mehr Vielfalt auf die Speisekarten der heimischen Gastronomie zu bringen – und wie unterstützt ihr Gastronom:innen dabei?

Beim Bruderhahn ist die Herausforderung, dass der Begriff auf der Speisekarte viel Erklärungsbedarf mit sich bringt. Häufig wird das Fleisch daher einfach als „Hendl“ angeboten. Und bei der Ente besteht nach wie vor das Image des klassischen Herbst- oder Weihnachtsgerichts. Mehr Vielfalt kann dann gelingen, wenn zwei Dinge zusammenkommen: erstens der Wille und die Kreativität der Küche – und zweitens die Nachfrage der Gäste. Viele Menschen kennen alternative Geflügelprodukte einfach nicht mehr und greifen daher lieber zum Vertrauten. Wir unterstützen Gastronom:innen, indem wir umfassend über unsere Produkte informieren – etwa bei persönlichen Gesprächen mit Köch:innen und Betriebsleiter:innen. So können sie auch gegenüber den Gästen kompetent Auskunft geben. Bei Bedarf stellen wir auch Infomaterial wie Tischaufsteller zur Verfügung.

Der Marktanteil von Bio-Entenfleisch ist in Österreich von 4% im Jahr 2017 auf 28% im Jahr 2023 gestiegen – dennoch wissen viele Konsument:innen gar nicht, dass es heimische Bio-Ente gibt. Oder sie scheuen sich vor der Zubereitung. Ihr begegnet dem mit Rezepten und Tipps auf eurer Website und ladet bei Events wie vor kurzem bei „Der Kasberg kocht“ zum Probieren ein – etwa mit Pulled-Duck-Wraps oder Chili con Duck. Wie wichtig ist euch diese Art der Aufklärung rund ums Kochen und Verarbeiten eurer Produkte – und welches Feedback bekommt ihr?

Diese Art der Aufklärungsarbeit ist für uns enorm wichtig. Viele Menschen wissen gar nicht, dass in Österreich hochwertige Entenprodukte hergestellt werden. Oder sie sehen die Produkte zwar im Handel, nehmen aber nicht wahr, dass es sich um heimische Bio-Ente handelt – gerade wenn sie unter Handelsmarke geführt wird. Ein weiterer Punkt ist die Unsicherheit: Viele trauen sich nicht, etwas Neues auszuprobieren, weil sie nicht wissen, ob es ihnen schmecken wird. Auf Veranstaltungen wie „Der Kasberg kocht“ ist das anders: Die Besucher:innen kommen gezielt, um Neues zu probieren. Dort können wir in zwei, drei Sätzen das Wichtigste erklären – und dann für sich sprechen lassen, was am besten überzeugt: der Geschmack. Das Feedback ist immer sehr positiv. Es kommt sogar vor, dass Leute im Folgejahr wieder bei unserem Stand stehen und erzählen, dass sie seit dem letzten Mal regelmäßig unsere Produkte kaufen. Das ist natürlich ein besonders schönes Kompliment für unsere Arbeit.

Der Bruderhahn bleibt ein zentrales Thema bei euch: Schon 2014 habt ihr euch entschieden, alle männlichen Küken eurer Bio-Linie aufzuziehen und dafür auf eine Zweinutzungsrasse umgestellt. Heute macht die Bruderhahn-Aufzucht einen großen Teil eurer Geflügelfleischproduktion aus. Was habt ihr in den vergangenen Jahren daraus gelernt – und wie wird das Fleisch der Junghähne heute verwertet? Wie reagieren Kund:innen, und habt ihr das Gefühl, damit auch in der Branche etwas bewegt zu haben?

Was wir vor allem gelernt haben: Konsument:innen kaufen immer noch stark nach dem Preis. Es wartet kaum jemand aktiv auf ein neues Produkt – der Preis bleibt oft das wichtigste Kriterium. Gleichzeitig haben wir – ebenso wie unsere landwirtschaftlichen Partnerbetriebe – die Abläufe kontinuierlich optimiert, um effizienter zu wirtschaften und dennoch faire Preise zu ermöglichen, von denen alle leben können. Wir haben aber auch gemerkt, dass Begriffe wie „Bruderhahn“ oder „Junghahn“ eher verwirrend wirken. Am Ende ist es Hühnerfleisch – und das braucht keine komplizierte Erklärung. Vermarktet wird das Fleisch sowohl als Frischprodukt (Filet und Keule) als auch zu einem großen Teil über die Geflügelwurstproduktion. Die Nachfrage ist gut: In diesem Jahr sind wir mit dem Bio-Hahn erstmals fast bis Jahresende ausverkauft. Das zeigt, dass die Produkte gut ankommen – auch wenn der Kaufgrund meistens nicht die Geschichte des Bruderhahns ist, sondern einfach die Qualität des Fleisches. Ob wir in der Branche etwas bewegt haben, können wir schwer beurteilen – aber es ist ein Fakt, dass sich die Hahnenaufzucht in Österreich etabliert hat. Die Geflügelbranche hierzulande ist überschaubar, man kennt einander. Das Thema ist auf jeden Fall präsent.

Abschließend noch der Blick aufs große Ganze: Ihr setzt euch für mehr kulinarische Vielfalt auf dem Geflügelteller ein – also nicht nur Hendl, sondern auch Ente, Bruderhahn, Pute oder Gans. Ihr betont, dass Bio-Enten nicht nur zu Weihnachten mit Rotkraut und Knödeln passen, sondern das ganze Jahr über kulinarisch überzeugen. Warum ist euch diese Vielfalt im Fleischkonsum ein besonderes Anliegen? Was entgeht uns als Genießer:innen, wenn wir immer nur Huhn essen – und wie lassen sich Menschen für weniger bekannte Geflügelspezialitäten begeistern?

Ganz pragmatisch gesagt: Wir produzieren diese Produkte – und wollen sie natürlich auch verkaufen. Aber darüber hinaus sind wir überzeugt, dass wir gesunde, tierwohlgerechte und qualitativ hochwertige Lebensmittel herstellen. Unterschiedliche Geschmäcker sorgen für Freude beim Essen – und genau das möchten wir schaffen. Essen soll genussvoll und abwechslungsreich sein. Wir empfehlen deshalb, ruhig auch mal „out of the box“ zu denken und neue Produkte auszuprobieren. Wer sich in der heimischen Küche noch nicht drübertraut, kann das wunderbar in der Gastronomie oder bei Verkostungen tun.

Mehr über die Arbeit der Eiermacher GmbH, ihre Bio-Produkte und ihr Engagement für mehr Tierwohl und kulinarische Vielfalt erfahrt ihr unter www.eiermacher.at

FotoS: Eiermacher