Wien

Lukas Lacina

MAST Weinbistro

Er redet lieber über Menschen als über Rezepte. Für Küchenchef Lukas Lacina beginnt gutes Kochen beim Vertrauen und beim Wissen, woher jedes Produkt kommt. Im MAST in Wien denkt er Küche als Ort der Verantwortung – und als eine, die von Beziehungen lebt: zu Menschen, Produkten und dem, was gutes Essen wirklich ausmacht.

Für Küchenchef Lukas Lacina beginnt gutes Kochen nicht am Herd, sondern im Austausch mit den Menschen, die seine Produkte herstellen. Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist für ihn kein Ideal, sondern gelebter Alltag. „Ich will wissen, wie jemand arbeitet“, sagt er. „Nur so entsteht Vertrauen – und am Ende auch Geschmack.“ Im MAST, dem Weinbistro von Matthias Pitra und Steve Breitzke in Wien Alsergrund, führt er eine Küche, in der es um Verantwortung, Zusammenarbeit und das große Ganze geht.

Sein Weg begann früh. Aufgewachsen in einer großen Familie, in der gutes Essen selbstverständlich war, saßen sonntags regelmäßig zwanzig, fünfundzwanzig Leute am Tisch. Die Oma hat gekocht, alle Cousins und Cousinen mitgeholfen. „Ich wollte immer in die Gastronomie“, sagt Lukas. Und auch klar war: „Wenn ich was mache, dann will ich’s von den Besten lernen.“ Nach der Wirtschaftsfachschule bewarb er sich im Steirereck – seine erste Bewerbung. Nur 24 Stunden nach dem Gespräch hielt er den unterschriebenen Lehrvertrag in der Hand. „Das war eine intensive, aber prägende Zeit. Dort lernst du extrem viel, wenn du Eigeninitiative zeigst. Niemand zwingt dich. Du musst wollen.“ Geprägt hat ihn auch Heinz Reitbauers enge Zusammenarbeit mit seinen Produzent:innen, dass er sie namentlich auf den kleinen Speisekärtchen nennt – als Dankeschön an die Produzent:innen und um auch den Gästen die Möglichkeit zu geben, direkt dort einzukaufen.

Danach folgten Saisonen in Obergurgl, bei Andreas Döllerer und im Tian von Paul Ivic. 2017 kam das Angebot, in die Küche des neu eröffneten MAST zu wechseln, wo gerade sein langjähriger Weggefährte Martin Schmid die Küchenleitung übernahm. Drei Jahre später – mitten im ersten Lockdown – übernahm Lukas die Küchenleitung.

In seiner Küche spielt das Produkt die Hauptrolle – unverfälscht, aber vielschichtig. „Ich will, dass man bei jedem Gericht erkennt, was man isst“, sagt er. Drei, vier Komponenten genügen. „Ein Produkt ist dann gut, wenn ich nichts hinzufügen muss, damit es schmeckt – und wenn es jemand gemacht hat, der weiß, was er tut.“ Komplexität entsteht für ihn durch Garmethoden, Fermente und Texturen. Seine Handschrift ist geprägt von den Lehrjahren: von der Präzision, dem Spiel mit Säure und den leichten Saucen aus dem Steirereck, von der konsequenten Regionalität von Andreas Döllerers Cuisine Alpine, vom Gemüseverständnis des Tian – und von der Erkenntnis, wie wesentlich der enge Austausch mit den Lieferant:innen für den Geschmack ist.

Auch Klassiker interpretiert er gerne neu – vertraut im Geschmack, frisch in der Umsetzung: Grammelknödel mit Venusmuscheln, Beuschl mit Pilzen statt Kalb, Altwiener Saftgulasch mit klaren, hellen Aromen. „Wien ist ja seit Jahrhunderten ein Mischmasch der Kulturen“, sagt er. „Orientalische Gewürze, Kapern, Zitrusfrüchte – das war immer schon da und das verwende ich auch sehr gerne.“ Seine Gerichte erzählen von dieser Offenheit, aber auch von Zurückhaltung: keine Luxusprodukte, keine Überinszenierung. „Mich interessiert, was wir in Österreich haben – und was wir daraus machen können.“

Sein Netzwerk an Produzent:innen ist über die Jahre gewachsen: Sarah von den Dirndln am Feld, Michi und Verena Kietreiber von Grünzeug am Feld, „Thomabauer“ Simon Humer, der Biohof Mang und die Bio-Fischerei Wolf sind nur einige davon. Viele von ihnen kennt er seit Jahren persönlich, einige sind zu Freund:innen geworden. „Ich arbeite am liebsten direkt mit den Leuten.“ Hin und wieder kommen sie zum Essen, schauen auch in die Küche. „Das ist viel schöner, eine ganz andere Ebene der Zusammenarbeit.“ Wenn Produzent:innen Überschüsse haben, springt er ein – für Lukas eine Selbstverständlichkeit. „Wenn Michi zehn Kisten Rüben überhat, überlege ich mir etwas. Sie müssen ja ihre Rechnungen auch zahlen. Und wenn gutes Gemüse weggeworfen wird, weil es niemand verarbeitet, hat am Ende keiner etwas davon. Mir ist wichtig, dass wir aufeinander Rücksicht nehmen und nicht nur stur bestellen. So entsteht ein echtes Miteinander.“

Saisonalität ist für Lukas ebenso selbstverständlich. „Ich hab im Sommer jede Woche zwanzig Kilo Paradeiser zusätzlich zu den bestellten bekommen – die haben wir eingekocht.“ Tomatillos, schwarze Nüsse, Spargel, Obst – alles, was das Jahr hergibt, wird verarbeitet. „Jetzt hab ich hundert Gläser Eingemachtes im Keller. Das ist Vielfalt, mit der ich im Winter Frische auf die Teller bringe.“ Auf seiner Karte bleibt kein Gericht länger als drei, vier Monate – einfach, weil kaum etwas länger Saison hat. Und auch, weil man mit so vielen kleinen Produzent:innen flexibel bleiben und oft improvisieren muss. „Wenn etwas aus ist, ist aus.“

Auch bei Fleisch und Fisch achtet er auf Details. „Wenn du ein Tier zum Wachsen treibst, verlierst du Geschmack. Das ist beim Gemüse genauso.“ Gemüse ist ohnehin zentral für seine Küche – ein Zugang, den er aus dem Tian mitgenommen hat. „Wenn du so sehr vom Geschmack von Gemüse abhängig bist, lernst du, wie sehr die Qualität vom Erntezeitpunkt abhängt. Je frischer, desto tiefer der Geschmack.“

Ein Großteil der Zutaten im MAST ist bio-zertifiziert. „Aber entscheidend ist nicht das Zertifikat, sondern die Einstellung“, sagt er. „Einige kleine Betriebe sind nicht zertifiziert, arbeiten aber so sauber, dass ich voll dahinterstehen kann.“ Was nicht geliefert werden kann, holt er oft auch selbst ab. „Das ist der Preis der Konsequenz – viele kleine Lieferant:innen, viel Abstimmung. Aber das ist es mir wert.“

Wichtig ist ihm auch das Thema Arbeitsbedingungen. Seit er die Küche des MAST übernommen hat, wurde das Team größer, die Strukturen angepasst. „Matthias und Steve war es wichtig, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die nicht nur der Gastronomie, sondern auch dem Privatleben gerecht werden“, sagt er. Heute gibt es im MAST eine Vier-Tage-Woche und eine enge Zusammenarbeit zwischen Küche und Service. „Der Gast hat nur dann Spaß, wenn wir als Team richtig gut zusammenarbeitet, jeden Arbeitsschritt respektieren. Das spürt man sofort.“

Die eigenen Werte zu leben und nicht nur vor sich herzutragen, ist etwas, das ihn auch mit Slow Food verbindet. „Slow Food ist eine Bewegung – und die muss man leben“, sagt er. „Ich kann nichts verändern, wenn ich nichts sage. Und wenn ich von etwas überzeugt bin, dann muss ich auch darüber reden.“

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„Ich arbeite am liebsten direkt mit den Leuten. Das ist viel schöner, eine ganz andere Ebene der Zusammenarbeit.“

Lukas Lacina

Auf einen Blick

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1090 Wien
Porzellangasse 53