Qualitätskriterien für gute, saubere und faire Manufakturen

Slow Food Manufakturen sind ein unverzichtbarer Teil unseres Netzwerks für gute, saubere und faire Lebensmittel. Sie stehen für handwerkliche Verarbeitung, Sorgfalt, Qualität und verantwortungsvollen Genuss. Als Bindeglied zwischen bäuerlicher Landwirtschaft, Gastronomie und Konsument:innen tragen sie wesentlich dazu bei, dass die Prinzipien von Slow Food über die landwirtschaftliche Erzeugung hinaus auch in der Weiterverarbeitung gelebt werden.

Vorwort

Kriterienkatalog

Mit diesem Kriterienkatalog möchten wir Orientierung geben und jene Manufakturen auszeichnen, die sich in besonderer Weise für Qualität, Nachhaltigkeit und Fairness einsetzen. Unser Ziel ist es, einen Rahmen zu schaffen, in dem handwerklich arbeitende Verarbeitungsbetriebe – von Käsereien über Fleischereien bis zu Kaffeeröstereien – sichtbar werden und als Teil der Slow Food Bewegung Verantwortung für ihre Rohstoffe, ihre Mitarbeitenden, die Umwelt und die kulinarische Vielfalt übernehmen.

Was wir unter gut, sauber und fair verstehen, ist hier beschrieben – mit allgemeinen Kriterien, die für alle Manufakturen gelten, und spezifischen Anforderungen, die sich je nach Verarbeitungsbereich unterscheiden. Die Kriterien für Slow Food Manufakturen bauen auf jenen für Produzent:innen auf – denn viele Manufakturen verarbeiten genau die Rohstoffe, die nach diesen Standards erzeugt werden. Die Produzent:innen-Kriterien findest du hier.

Überprüfung der Kriterien

Die Einhaltung der Kriterien wird im Rahmen eines persönlichen Besuchs vor Ort überprüft. Dabei werden die Voraussetzungen gemeinsam mit den Verantwortlichen der Manufaktur besprochen und die Selbsterklärung Punkt für Punkt durchgegangen und ausgefüllt. So entsteht ein transparenter, praxisnaher und partnerschaftlicher Evaluierungsprozess.

Hinweis zur Begriffsverwendung

Im folgenden Kriterienkatalog verwenden wir den Begriff „Slow Food Manufaktur“ als allgemeine Bezeichnung für handwerklich arbeitende Verarbeitungsbetriebe in der Lebensmittelherstellung. Darunter fallen u.a. Fleischereien, Käsereien, Bäckereien, Getreidemühlen, Ölmühlen, Röstereien sowie Betriebe, die Lebensmittel durch Fermentation, Einkochen oder andere Verfahren haltbar machen.

Uns ist bewusst, dass diese Betriebe sich in Größe, Ausrichtung und Sortiment unterscheiden können. Unser Ziel ist es, die Prinzipien von Slow Food in allen Bereichen der handwerklichen Lebensmittelverarbeitung zu fördern – unabhängig von der spezifischen Betriebsform, Betriebsgröße oder Spezialisierung.

Gemeinsam ist allen Slow Food Manufakturen, dass sie auf Qualität, handwerkliches Können, Ökologie und soziale Fairness setzen – und dadurch einen wichtigen Beitrag für ein gutes, sauberes und faires Lebensmittelsystem leisten.

1 Guter Geschmack und handwerkliche Qualität

Warum ist das für Slow Food wichtig?

Guter Geschmack ist ein zentrales Kriterium für Slow Food. Er entsteht durch hochwertige, saisonale, naturbelassene Zutaten, sorgfältige Verarbeitung, Zeit und handwerkliches Können. Gleichzeitig bedeutet „gut“ für uns auch nahrhaft, bekömmlich und vielfältig.

Was bedeutet das konkret für Slow Food Manufakturen?

Slow Food Manufakturen verarbeiten saisonale, frische und hochwertige Zutaten, idealerweise im optimalen Reifezustand. Sie bevorzugen traditionelle, handwerkliche und schonende Methoden, die Nährstoffe und Aromen bewahren. Die Produkte zeichnen sich durch natürlichen Geschmack, Frische und hohe Bekömmlichkeit aus – ohne technologische Schnellverfahren, Geschmacksverstärker oder übermäßige Zusatzstoffe. Im Detail erfüllen sie diese Kriterien:

1.1 Guter Geschmack

  • Slow Food Manufakturen verarbeiten saisonale, hochwertige und naturbelassene Zutaten unter Berücksichtigung des optimalen Reife- und Erntezeitpunkts.
  • Im Zentrum stehen traditionell-handwerkliche und schonende Verarbeitungsmethoden, die den Charakter der Rohstoffe bewahren.
  • Die Produkte sind nahrhaft, reichhaltig und gut verträglich.
  • Qualität und Geschmack entstehen durch Zeit, Sorgfalt und Erfahrung – sie spiegeln die Frische und Natürlichkeit der verwendeten Zutaten sowie die Fähigkeit der Betriebe wider, diese Qualitäten zu erhalten.

1.2 Handwerkliche Produktionsweise

  • Slow Food Manufakturen bevorzugen überlieferte, händische Verarbeitungsmethoden gegenüber industriellen oder stark technisierten Verfahren. Diese Verarbeitung nimmt zwar mehr Zeit in Anspruch, führt jedoch zu höherwertigen, geschmacklich differenzierten Produkten.
  • Die Nährstoffe der Zutaten bleiben durch schonende Verarbeitungsmethoden weitgehend erhalten.

1.3 Biodiversität

  • Die biologische Vielfalt wird durch die Auswahl der Rohstoffe und Verarbeitungsweisen direkt oder indirekt gefördert. Dabei geht es nicht nur um den Erhalt gefährdeter Pflanzen- und Tierrassen, sondern auch um die Vielfalt in unserem Lebensmittelangebot.
  • Wünschenswert ist die bewusste Verwendung alter Sorten und Rassen – sie leisten einen Beitrag zum Erhalt von Geschmacksvielfalt und genetischem Kulturgut.

2 Saubere und klimafitte Herstellung

Warum ist das für Slow Food wichtig?

Lebensmittelverarbeitung beeinflusst – wie Lebensmittelproduktion – unsere Umwelt direkt – vom Boden über das Klima bis zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Sauber hergestellte Lebensmittel schützen natürliche Ressourcen, respektieren ökologische Kreisläufe und fördern ein klimafittes Verhalten gegenüber unserem Planeten. 

Was bedeutet das für Slow Food Manufakturen?

Slow Food Manufakturen arbeiten mit biologisch zertifizierten Rohstoffen und achten auf kurze Transportwege. Verpackungen werden vermieden oder nachhaltig gestaltet. Die Produktion ist ressourcenschonend angelegt: Energie- und Wasserverbrauch werden reduziert, Lebensmittelabfälle vermieden und Nebenprodukte bestmöglich genutzt. Im Detail erfüllen sie diese Kriterien:

2.1 Biologische Verarbeitungsweise

  • Slow Food Manufakturen verwenden Rohstoffe aus biologischer Landwirtschaft und weisen dies durch eine gültige Zertifizierung gemäß der EU-Bio-Verordnung oder vergleichbarer Richtlinien (z.B. Bio Austria, Demeter) nach.
  • Die verwendeten Zutaten stammen möglichst aus der Region; lange Transportwege werden vermieden.
  • Wünschenswert ist ein sparsamer Umgang mit Verpackungsmaterialien. Wo Verpackung unverzichtbar ist, achten die Manufakturen auf deren Nachhaltigkeit – etwa durch wiederverwendbare, recycelbare oder biologisch abbaubare Lösungen.

2.2 Ressourcenschonung

  • Abfälle werden bereits ab dem ersten Verarbeitungsschritt möglichst vermieden. Slow Food Manufakturen leben die Prinzipien von Nose-to-Tail und Root-to-Fruit und nutzen eingesetzte Rohstoffe so vollständig wie möglich.
  • Nebenprodukte wie Presskuchen, Molke, Altbrot oder Gemüsereste werden idealerweise weiterverwendet oder veredelt – etwa als Tierfutter oder in neuen Produkten.
  • Der Umgang mit Energie und Wasser erfolgt sparsam und ressourcenschonend.
  • Wünschenswert ist der Einsatz von Ökostrom oder Energie aus eigenen erneuerbaren Quellen – etwa durch Photovoltaik, Wasserkraft, Solaranlagen oder Abwärmenutzung. Besonders in energieintensiven Bereichen wie Backen (z.B. Backöfen), Kühlen oder Pressen (z.B. Ölpressen) wird auf eine möglichst klimafreundliche Energieversorgung geachtet. Fossile Brennstoffe sollen weitestgehend vermieden werden.
  • Wünschenswert ist, dass für die Reinigung von Arbeitsflächen, Geräten und Räumen ausschließlich ökologische Reinigungsmittel verwendet werden.
  • Wünschenswert ist der Einsatz nachhaltiger Verpackungen – biologisch abbaubar, recycelbar oder wiederverwendbar.

3 Faire Arbeitsbedingungen und Partnerschaften

Warum ist das für Slow Food wichtig?

Fairness ist die soziale Dimension nachhaltiger Ernährung. Sie bedeutet: respektvolle Arbeitsbedingungen, gerechte Bezahlung, verlässliche Partnerschaften – und eine transparente, vertrauensvolle Kommunikation entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Was bedeutet das für Slow Food Manufakturen?

Slow Food Manufakturen schaffen faire, inklusive und familienfreundliche Arbeitsplätze, ermöglichen Weiterbildung und fördern ein respektvolles Miteinander. Sie kommunizieren offen über Herkunft und Inhaltsstoffe, gestalten Preise nachvollziehbar und zahlen Mitarbeiter:innen sowie Lieferant:innen fair. Im Detail erfüllen sie diese Kriterien:  

3.1 Transparenz

  • Slow Food Manufakturen kommunizieren transparent über die Herkunft ihrer Rohstoffe und die Inhaltsstoffe ihrer Produkte.
  • Die Preisgestaltung gegenüber Kund:innen sowie die Entlohnung von Mitarbeiter:innen und die Vergütung von Lieferant:innen und Partnerbetrieben erfolgt fair und nachvollziehbar.
  • Im Zentrum steht das Vertrauen – gegenüber Konsument:innen, Partner:innen und Mitarbeitenden – sowie der Anspruch, Qualität sichtbar und verständlich zu machen.

3.2 Arbeitsbedingungen

  • In Slow Food Manufakturen herrschen faire, gleichberechtigte und respektvolle Arbeitsbedingungen.
  • Wertschätzung, Inklusion und Diversität werden aktiv gelebt.
  • Slow Food Manufakturen bieten ein familienfreundliches, flexibles Arbeitsumfeld mit Möglichkeiten zur Weiterbildung und persönlichen Entwicklung.

3.3 Partnerschaften

  • Beziehungen zu Lieferant:innen und Produzent:innen sind langfristig angelegt und geprägt von direktem Kontakt und persönlichem Austausch.
  • Slow Food Manufakturen bevorzugen kleinstrukturierte, regionale landwirtschaftliche Betriebe und leisten durch faire Bezahlung über dem marktüblichen Preis einen aktiven Beitrag zu deren Erhalt.
  • Wünschenswert ist die aktive Förderung regionaler Wertschöpfungsketten – etwa durch Kooperationen mit Landwirt:innen vor Ort oder durch die Positionierung als attraktive:r, verantwortungsvolle:r Arbeitgeber:in in der Region.

4 Kriterien für Slow Food Fleischereien

Tier, Mensch und Landschaft

Slow Food Fleischereien stehen für natürlichen Geschmack, handwerkliche Verarbeitung und eine respektvolle Haltung gegenüber Tier, Mensch und Landschaft. Sie pflegen regionale Rezepturen und setzen sich für eine zukunftsfähige Fleischkultur ein, die auf Qualität statt Quantität baut.

  • Das verarbeitete Fleisch stammt idealerweise von Betrieben aus der unmittelbaren Umgebung, die ebenfalls nach den Prinzipien von Slow Food arbeiten. Jedenfalls stammen die Tiere aus Österreich – sie wurden dort geboren, gehalten und geschlachtet.
  • Die Schlachtung erfolgt in einem an die jeweilige Rasse angepassten Mindestalter, sodass das Tier ausreichend Zeit zur Entwicklung eines hochwertigen Fleischs hat – mit feiner Faserung, guter Marmorierung und intensivem Geschmack.
  • Beim Einkauf wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die arteigenen Bedürfnisse der Tiere respektiert wurden – dazu zählen Bewegungsfreiheit, Sozialverhalten, Komfort, Ruhezeiten, artgerechte Ernährung und natürliche Fortpflanzung.
  • Die Tiere stammen aus biologischer Haltung und hatten Zugang zu sauberem Wasser, frischer Luft, natürlichem Licht sowie komfortablen Ruhe- und Bewegungsräumen.
  • Wünschenswert ist eine Schlachtung direkt am Haltungsbetrieb. Falls das nicht möglich ist, wird der Transportweg zur Schlachtstätte so kurz wie möglich gehalten und der gesamte Prozess so gestaltet, dass Stress, Schmerz und Angst minimiert werden.
  • Slow Food Fleischereien tragen besondere Verantwortung für die Wertschätzung des gesamten Tieres. Wünschenswert ist daher, dass alle Teile des Tieres verarbeitet werden. Eine ganzheitliche Verwertung erhält auch das zugehörige kulinarische Wissen.
  • Wünschenswert ist eine Reifung des Fleisches im Ganzen sowie eine anschließende Teilstück-Reifung, um Geschmack und Zartheit zu fördern.
  • Bei der Verarbeitung kommen ausschließlich natürliche Reifungsmethoden und gegebenenfalls Schimmelpilze zum Einsatz.
  • Wünschenswert ist die frische Zubereitung aller Produkte, ohne Zwischenlagerung oder Konservierung.
  • Für die Würzung werden frische Kräuter, einfache Gewürze, Gemüseextrakte sowie Stein- oder Meersalz verwendet. Der Salzgehalt wird bewusst niedrig gehalten, um den Eigengeschmack des Fleisches nicht zu überdecken.
  • Wünschenswert ist der Verzicht auf Pökelsalz oder Raucharomen. Wenn sie verwendet werden, soll der Einsatz auf ein Minimum reduziert werden.
  • Die Produkte enthalten keine Molke, Caseinate, Milchderivate, Polyphosphate, künstliche Aromen, Geschmacksverstärker oder Farbstoffe.
  • Soweit möglich wird bei der Herstellung von Salami auf den Einsatz von Starterkulturen wie Saccharose oder Dextrose verzichtet.
  • Für Wurstwaren werden Naturdärme oder Därme aus Naturfasern verwendet (Ausnahme: Brüh- und Kochwürste).

Wünschenswert ist die Anwendung der Technik des Warmwurstens, um Geschmack und Qualität auf traditionelle Weise zu bewahren.

4 Direktbezug von Lebensmitteln

Warum ist das für Slow Food wichtig?

Das "Bündnis zwischen Gastronomie und Landwirtschaft" (Carlo Petrini) bildet den Kern unserer Bestrebungen. Slow Food Österreich sieht sich als Vermittlerin zwischen beiden Bereichen. Durch eine enge Zusammenarbeit können wir die Verbindung zwischen Erzeuger:innen und Verbraucher:innen stärken und sicherstellen, dass qualitativ hochwertige Produkte den Weg auf unsere Teller finden.

Was bedeutet das für die Slow Food Gastronomie?

In der Slow Food Gastronomie streben wir eine enge, direkte Zusammenarbeit mit Produzent:innen an, vorzugsweise mit solchen, die von Slow Food für ihre Arbeit ausgezeichnet wurden. Diese Partnerschaften dienen dazu, die wertvolle Arbeit der Slow Food Produzent:innen zu unterstützen, regionale Besonderheiten hervorzuheben und das Bewusstsein für handwerkliche Lebensmittelproduktion zu stärken, aber auch um eine nachhaltige und verantwortungsvolle Lebensmittelkette zu schaffen.

Wie wird dieses Kriterium bewertet?

  1. Lebensmittel werden zumindest zu 50% direkt bezogen, wobei Zwischenhändler:innen zulässig sind, sofern dies die Logistik für die Produzent:innen oder Gastronom:innen erleichtert und trotzdem volle Transparenz über den tatsächlichen Herstellungsbetrieb gewährleistet ist.
  2. 30% der Lebensmittel stammen von Slow Food Produzent:innen, wobei auch hier wieder Zwischenhändler:innen zulässig sind, sofern dies die Logistik für die Produzent:innen oder Gastronom:innen erleichtert und trotzdem volle Transparenz über den tatsächlichen Herstellungsbetrieb gewährleistet ist.

5 Kriterien für Milchverarbeitungsbetriebe und Käsereien

Vielfalt und Ursprünglichkeit

Slow Food Milchverarbeitungsbetriebe und Käsereien bewahren die Vielfalt und Ursprünglichkeit der Milchwirtschaft. Sie stehen für eine naturnahe Haltung der Tiere, für handwerkliche Veredelung und für eine Käsekultur, die den Charakter von Rasse, Fütterung und Jahreszeit widerspiegelt. Der Erhalt von Rohmilch als lebendigem, aromenreichem Rohstoff ist ihnen ein zentrales Anliegen.

  • Auch in der Milchverarbeitung gilt: Die Qualität des Produkts beginnt bei der Haltung der Tiere. Die Milch stammt daher von Tieren, die unter Bedingungen gehalten werden, die den Slow Food Kriterien entsprechen – das bedeutet artgerechte Haltung mit Auslauf, Zugang zu sauberem Wasser und frischer Luft sowie eine Fütterung mit möglichst betriebseigenem Futter.
  • Die Milch stammt idealerweise aus dem eigenen Betrieb oder von landwirtschaftlichen Partnerbetrieben aus der Region, die ebenfalls nach den Kriterien von Slow Food arbeiten.
  • Die Tiere werden vorzugsweise ausschließlich mit Gras und Heu gefüttert – dies sorgt für einen klaren, unverfälschten Geschmack, der die Jahreszeit und die Landschaft widerspiegelt.
  • Zur Käseherstellung wird ausschließlich rohe, unbehandelte Milch verwendet, um die natürliche Aromenvielfalt und die mikrobiologische Eigenheit der Milch zu bewahren.
  • Wünschenswert ist die direkte Verarbeitung frischer Rohmilch, sofern dies mit der jeweiligen Käsesorte vereinbar ist.
  • Wünschenswert ist die Verwendung von traditionellem, tierischem Lab, wie es historisch in vielen Käsereien üblich war.
  • Alternativ sind mikrobielles oder pflanzliches Lab zulässig – sofern es nicht aus oder mithilfe gentechnisch veränderter Organismen gewonnen wurde.
  • Wünschenswert ist die Herstellung der Starterkulturen im eigenen Betrieb. Wenn externe Kulturen verwendet werden, ist sicherzustellen, dass auch diese gentechnikfrei sind.
  • Die Ursprünglichkeit des Käses darf nicht durch chemische Behandlungen der Rinde oder durch Räucherung mit Flüssigrauch beeinträchtigt werden.
  • Wünschenswert sind traditionelle Reifebehandlungen wie das Einreiben mit Tomaten, Öl, Grappa oder Asche sowie die Verwendung von Wachs, Paraffin oder Kohle.

6 Kriterien für Bäckereien

Respekt für Mensch, Natur und Rohstoff

Das Bäckerhandwerk zählt zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Slow Food Bäckereien pflegen dieses Handwerk mit Respekt für Mensch, Natur und Rohstoff. Sie verbinden Genuss mit Verantwortung, arbeiten mit regionalen Zutaten, verzichten auf industrielle Hilfsmittel und setzen auf natürliche Prozesse wie Sauerteigführung, Langzeitgärung und saisonale Vielfalt.

  • Die Rohstoffe für Brot, Gebäck und Süßes stammen überwiegend aus dem lokalen Umfeld – idealerweise von Betrieben, die ebenfalls den Slow Food Kriterien entsprechen.
  • Hauptzutaten wie Mehl und Brotgewürze werden grundsätzlich lokal bezogen. Ist dies nicht möglich, erfolgt die Auswahl mit Sorgfalt und Herkunftsbezug (z.B. Pistazien, Oliven aus dem Ursprungsland).
  • Brote werden traditionell mit betriebseigenem Natursauerteig und langer Teigführung hergestellt – für Geschmack, Bekömmlichkeit und Haltbarkeit. Die Zugabe von Hefe ist nur zur Unterstützung des Gärprozesses zulässig.
  • Für Gebäck und Süßes kann je nach Produkt Hefe verwendet werden. Auch hier gilt: möglichst wenig Hefe, möglichst lange Teigführung.
  • Industriell hergestellte Backmischungen, Halb- oder Fertigprodukte werden nicht verwendet.
  • Auf technologische Zusatzstoffe wie Enzyme, Stabilisatoren, Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Lecithine, Emulgatoren, Farb-, Glanz- oder Aromastoffe chemischen Ursprungs wird verzichtet. Zulässig sind natürliche Zusatzstoffe wie Acerola, Weinsteinbackpulver, Johannisbrotkernmehl, Agar-Agar oder nicht modifiziertes Lecithin.
  • Als Trennmittel werden ausschließlich pflanzliche Öle oder ungehärtete, sortenreine pflanzliche Fette verwendet.
  • Sekundärzutaten, Gewürze und Kräuter stammen ebenfalls überwiegend aus der Region und entsprechen höchsten Qualitätsstandards. Bei nicht lokal verfügbaren Zutaten erfolgt der Bezug nach klaren Slow Food Prinzipien und erst nach sorgfältiger Auswahl der Hersteller:innen.
  • Raffinierte oder gehärtete Fette sowie Surrogate wie Oliventresteröl (anstelle von nativem Olivenöl extra) werden nicht verwendet. Ausnahme: vegane Ersatzprodukte (z.B. Margarine bei veganem Gebäck).
  • Produkte werden nicht für Tiefkühlung oder spätere Fertigbackung technologisch präpariert. Zusatzstoffe zur Stabilisierung solcher Prozesse sind ausgeschlossen.
  • Die Verarbeitung erfolgt handwerklich: Zutaten werden händisch eingewogen, Teige händisch aufbereitet und geformt.
  • Wünschenswert sind neben Klassikern auch innovative und zeitgemäße Produkte (die besonderen Ernährungsanforderungen von Kund:innen gerecht werden (z.B. vegan oder glutenfrei).
  • Saisonale Produkte mit typischen Zutaten der Jahreszeit sollen regelmäßig Teil des Sortiments sein.
  • Alte, regionale Getreidesorten wie Einkorn, Emmer oder Waldstaudenroggen werden bevorzugt eingesetzt – sie bringen nicht nur Geschmacksvielfalt, sondern fördern auch Biodiversität und regionale Verankerung.
  • Durch eine präzise Produktionsplanung wird Überproduktion vermieden. Überschüssige Ware wird weiterverarbeitet (z.B. zu Altbrotprodukten), gespendet oder als Tierfutter genutzt.
  • Wünschenswert ist ein Sortiment, das auch ernährungsphysiologisch wertvolle Vollkornprodukte umfasst, um ballaststoffreiche und nährstoffdichte Ernährung zu fördern.

7 Kriterien für Getreidemühlen

Basis unserer Brotkultur

Mehl ist mehr als nur ein Grundnahrungsmittel – es ist die Basis unserer Brotkultur. Slow Food Getreidemühlen leisten einen essenziellen Beitrag zur Qualität von Lebensmitteln und zur Erhaltung alter Getreidesorten. Sie arbeiten mit Zeit, Sorgfalt und Verantwortung, um ursprüngliche Getreideprodukte zu erzeugen, die sowohl ökologisch als auch sensorisch überzeugen.

  • Die Rohstoffe zur Mehlherstellung stammen überwiegend aus der Region – idealerweise von Betrieben, die ebenfalls den Slow Food Kriterien entsprechen.
  • Es werden bevorzugt traditionelle und seltene Getreidesorten verarbeitet, etwa Emmer, Einkorn oder Waldstaudenroggen – um ihre besonderen Aromen, Nährwerte und agrarökologische Bedeutung zu bewahren.
  • Die Vermahlung erfolgt langsam und schonend, um Vitamine, Mineralstoffe und Geschmack zu erhalten.
  • Wünschenswert ist die Verarbeitung mit Steinmühlen, da sie besonders langsam und schonend mahlen, wodurch Hitzeentwicklung vermieden und wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Aromen bestmöglich erhalten bleiben. Steinmühlen stehen außerdem für handwerkliche Qualität, Ursprünglichkeit und die lange Tradition der Mehlverarbeitung.
  • Vollkornmehle werden aus dem ganzen Korn gewonnen – ohne vorherige Fraktionierung und nachträgliches Mischen. Eine spätere Rekombination von Weißmehl und Kleie ist ausgeschlossen.
  • In den Mehlen werden keine chemischen Zusatz- oder Konservierungsstoffe verwendet. Auch auf technologisch optimierende Zusätze wie Malzmehl/ -extrakte, Ascorbinsäure Enzyme oder andere chemische Produkte wird verzichtet.
  • Die Mehle werden sorgfältig gelagert, um ihre Backeigenschaften zu stabilisieren und eine konstante Produktqualität zu sichern.
  • Die Verpackung erfolgt idealerweise in Papiersäcken oder anderen umweltfreundlichen, recycelbaren Materialien.
  • Backfertige Zubereitungen für Pizza, Torten, Süßwaren oder ähnliche Produkte sind nicht vorgesehen.
  • Neben dem wünschenswerten Einsatz von Wasserkraft und anderen ökologisch ausgerichteten Energieformen unterstreichen auch ergänzende Maßnahmen wie Fischaufstiegshilfen die Verantwortung gegenüber Natur und Region.

8 Kriterien für Ölmühlen

Handwerklich, transparent und sortenrein

Pflanzenöle sind mehr als nur ein Trägerstoff – sie sind geschmackliche Essenzen, ernährungsphysiologisch wertvoll und tief in vielen kulinarischen Traditionen verwurzelt. Slow Food Ölmühlen arbeiten handwerklich, transparent und sortenrein. Sie achten auf kurze Wege, hochwertige Rohstoffe und schonende Verfahren, die die natürliche Qualität des Öls bewahren.

  • Die Rohstoffe (Saaten, Nüsse, Oliven etc.) stammen idealerweise von regionalen Betrieben, die ebenfalls nach den Prinzipien von Slow Food arbeiten.
  • Stehen einzelne Rohstoffe lokal nicht zur Verfügung, wird auf Herkunft und Qualität geachtet. Bezogen wird bevorzugt aus der ursprünglichen Anbauregion des jeweiligen Produkts – bei möglichst kurzen Transportwegen und klimafreundlicher Logistik.
  • Die Reinheit der Saaten wird gewährleistet; sie werden lichtgeschützt und bei gemäßigten Temperaturen gelagert, um ihre Qualität zu erhalten.
  • Die Öle werden ausschließlich kaltgepresst – etwa im mechanischen Stempelpressverfahren. Dabei wird auf eine schonende Verarbeitung bei niedrigen Temperaturen geachtet, um die geschmackliche Vielfalt der Rohstoffe zu bewahren.
  • Extraktionen mittels Lösungsmitteln (wie Hexan) sind grundsätzlich ausgeschlossen.
  • Die Qualität eines Öls zeigt sich in einem sortentypischen Geruch, einem klaren Geschmack und einer intensiven natürlichen Färbung.
  • Die Herstellung erfolgt in kleinen Chargen und regelmäßigen Presszyklen in kurzen Intervallen, um Frische, Rückverfolgbarkeit und Qualität jederzeit sicherzustellen.
  • Neben hygienischer Verarbeitung ist insbesondere auf Sortenreinheit und die Vermeidung von Kreuzkontamination mit Allergenen zu achten – sowohl bei der Pressung als auch bei der Abfüllung.
  • Wünschenswert ist die Bevorzugung ungefilterter Öle, da sie ein Maximum an Duft- und Geschmacksstoffen enthalten. Eine Filtration ist zulässig, eine Raffination jedoch ausgeschlossen.
  • Wünschenswert ist der Einsatz ressourcenschonender Glasflaschen – etwa leichtgewichtiger Varianten oder wiederverwendbarer Systeme – anstelle von schweren oder nicht nachhaltigen Verpackungen.
  • Wünschenswert ist zudem die Weiterverwendung von Pressrückständen – z.B. als Futtermittel, Backzutat oder Grundlage für weitere Produkte.

9 Kriterien für Manufakturen zur Haltbarmachung von Lebensmitteln

Fermentieren und Einmachen

Slow Food Manufakturen, die Lebensmittel haltbar machen, setzen auf handwerkliche Verfahren, die den Charakter der Zutaten bewahren und gleichzeitig die Gesundheit, den Geschmack und die ökologische Verantwortung in den Mittelpunkt stellen. Unterschieden wird zwischen zwei traditionellen Methoden: dem Fermentieren und dem Einmachen. Beide haben ihre eigenen Anforderungen:

9.1 Fermentiertes

  • Verarbeitet werden sowohl anaerob als auch aerob fermentierte Lebensmittel – immer mit dem Ziel, ein möglichst vielfältiges und stabiles Mikrobiom zu fördern.
  • Die gesamte Prozessführung – vom Rohstoff bis zur Lagerung – ist darauf ausgerichtet, das Wachstum einer artenreichen Mikrobenflora zu unterstützen.
  • Zur Lagerung werden ausschließlich inerte Materialien wie Glas, Keramik oder Edelstahl verwendet. Kunststoff wird vermieden, da die Fermente negativ wirkende Stoffe aus Kunststoffen lösen können.
  • Wünschenswert ist die Verwendung von natürlichen Materialien wie Holzfässern, die zusätzlich mikrobiologisch aktive Prozesse fördern.
  • Die Fermente sind bei kühlen Temperaturen ohne Kühlung lange lagerfähig. Muss zur Haltbarmachung gekühlt werden (z.B. bei Kombucha), geschieht dies mit minimalem Energieaufwand.
  • Eine Pasteurisierung wird vermieden, da sie die lebendigen Mikroorganismen zerstört. Fermente bleiben roh und unerhitzt. Zulässig ist eine milde Erwärmung bis maximal 40°C.
  • Wünschenswert ist der Einsatz von unjodiertem Steinsalz ohne Rieselhilfen oder andere Zusätze.
  • Verwendet werden ausschließlich naturbelassene Zutaten und Gewürze.
  • Wünschenswert ist die Fermentation in Räumen mit Naturmaterialien (z.B. Holz), da sie das Mikrobiom begünstigen können.
  • Bei der Essigherstellung wird mit einer natürlichen Essigmutter gearbeitet. Das gewählte Verfahren (z.B. Orléans-Verfahren, Langzeitfermentation) orientiert sich an der gewünschten Aromatik und Qualität.

9.2 Eingemachtes

  • Konservierung erfolgt ausschließlich durch thermische Behandlung, nicht durch Zusatzstoffe. Rezepturen und Verfahren werden so abgestimmt, dass Geschmack, Farbe, Konsistenz und Nährwert bestmöglich erhalten bleiben.
  • Zulässige Konservierungsmittel sind: Zucker, Salz, Zitrone und Essig.
  • Wünschenswert ist ein möglichst reduzierter Zuckergehalt. Slow Food Manufakturen achten bei Eingemachtem auf eine ausgewogene Süße, die den Eigengeschmack der Früchte nicht überdeckt. Wo möglich, werden natürliche Süßungsmittel wie Birnendicksaft, Apfelsaftkonzentrat oder Honig verwendet – vorausgesetzt, sie stammen aus regionaler, handwerklicher Erzeugung und entsprechen den Slow Food Kriterien.
  • Lebensmittelreste werden durch sorgfältige Planung reduziert. Übrig gebliebenes Gemüse wird im Sinne des Root-to-Fruit-Prinzips weiterverarbeitet.
  • Produziert und abgefüllt wird in kleinen Chargen, um Frische, Qualität und Geschmack zu sichern.
  • Wünschenswert ist die Verwendung von Glasverpackungen mit minimalem Abfallaufkommen (im Idealfall nur Dichtungsring oder Metalldeckel als Abfall).
  • Wünschenswert ist der Einsatz eines Pfandsystems zur Wiederverwendung der Verpackungen.

10 Kaffeeröstereien

Qualität, Sorgfalt, Transparenz

Kaffee ist nicht nur Genussmittel, sondern auch Kulturgut, soziales Bindeglied und Ausdruck globaler Verantwortung. Slow Food Kaffeeröstereien stehen für sensorische Qualität, handwerkliche Sorgfalt, Transparenz entlang der gesamten Lieferkette und für faire Partnerschaften mit den Erzeuger:innen in den Ursprungsländern.

  • Verarbeitet werden ausschließlich hochwertige Rohkaffeebohnen aus kontrolliert biologischem Anbau.
  • Um die sortentypischen Aromen klar differenzieren zu können, erfolgt der Import sortenrein. Dies sorgt für eine klare Differenzierung der Aromen und eine präzise Röstung.
  • Der Kaffee wird in kleinen Chargen und mit regelmäßigen Produktionszyklen geröstet. Das gewährleistet Frische, Rückverfolgbarkeit und gleichbleibende Qualität.
  • Die Bohnen werden schonend und kontrolliert gelagert, um Geschmack, Feuchtigkeit und Aromaspektrum konstant zu halten.
  • Die Röstung erfolgt langsam und handwerklich – im Trommelröstverfahren, idealerweise unter Verwendung der Agtron-Farbskala zur Qualitätskontrolle. Ziel ist es, Überröstungen und die Entstehung schädlicher Stoffe zu vermeiden.
    • Für Espressoröstungen gilt: max. 14 Minuten bei max. 220°C
    • Für Filterkaffee: 8 bis 10 Minuten bei max. 220°C
  • Die Verpackung erfolgt nachhaltig und aluminiumfrei, ohne die Frische zu beeinträchtigen. Wünschenswert sind kraftpapierbasierte Lösungen oder wiederbefüllbare Lebensmitteleimer.
  • Die Rösterei ist für Konsument:innen transparent und zugänglich – Kund:innen können sich über den Prozess, die Herkunft der Bohnen und die Philosophie der Produktion direkt informieren.
  • Die Herkunft der Bohnen wird klar und nachvollziehbar auf der Verpackung angegeben (inkl. Herkunftsland, idealerweise auch Kooperative oder Farm).
  • Nachhaltige Partnerschaften mit den Erzeuger:innen sind essenziell. Regelmäßige Besuche bei den Produzent:innen stärken die direkte Beziehung, fördern Vertrauen und sichern soziale Fairness.
  • Vor Ort wird mit Kooperativen oder lokalen Vertrauenspersonen zusammengearbeitet, die für Ernsthaftigkeit, Qualität und Fairness garantieren.
  • Die Bezahlung der Kaffeebauern erfolgt direkt und über dem Weltmarktpreis – sie sichert nicht nur den Lebensunterhalt, sondern auch eine langfristige wirtschaftliche Perspektive.
  • Wünschenswert ist, dass über den fairen Einkauf hinaus soziale Projekte in den Anbauregionen unterstützt werden – etwa in den Bereichen Bildung, Gesundheit oder Infrastruktur.

Schlusswort

Lebendiges Dokument

Dieser Kriterienkatalog versteht sich als lebendiges Dokument, das regelmäßig überprüft und weiterentwickelt wird – im Dialog mit Produzent:innen, Expert:innen und Konsument:innen, um aktuellen Herausforderungen, neuen Erkenntnissen und innovativen handwerklichen Ansätzen gerecht zu werden.

Für einige weitere handwerkliche Verarbeitungsbereiche – etwa Getränkemanufakturen, Schokoladenherstellung sowie Gewürz- und Kräuterverarbeitung – werden derzeit noch spezifische Slow Food Kriterien erarbeitet. Diese folgen in naher Zukunft und ergänzen den bestehenden Katalog Schritt für Schritt.