Maria Alm

Jacqueline und Carolyn Herzog

herzogin. das andere wirtshaus

Am Anfang stand eine Alm – und die Idee, alles selbst zu machen. Heute führen Jacqueline und Carolyn Herzog in Maria Alm ein Wirtshaus, das wie kaum ein anderes für Konsequenz steht: Sie backen ihr eigenes Brot, fermentieren Getränke, machen auch sonst fast alles selbst, holen ihre Zutaten von kleinen Betrieben aus der nächsten Umgebung. Zwei Schwestern, zwei Charaktere, vereint in einer gemeinsamen Idee von Regionalität und Geschmack.

Wenn Jacqueline Herzog über ihre Arbeit spricht, geht es weniger um Rezepte oder Gerichte als um ihre Herangehensweise – und darum, vieles selbst in die Hand zu nehmen: „Wir machen kompromisslos alles selbst“, sagt sie. Brot, Frischkäse, fermentierte Getränke, Sirupe, hausgemachter Wermut, Aperitife – ja, sogar der Mozzarella entsteht in der eigenen Küche. Im Wirtshaus „die herzogin“, das Jacqueline und ihre Schwester Carolyn Herzog 2022 gemeinsam in Maria Alm eröffnet haben, wird konsequent selbst gemacht, was sich selbst machen lässt.

Begonnen hat diese Philosophie aber nicht unten im Tal, sondern oben auf der Alm. Gekocht haben beide immer schon gern, viel ausprobiert und füreinander aufgetischt. Konkret wurde es, als Jacqueline – in den Ferien ihres Englisch- und Italienisch-Studiums – auf einer Alm zu arbeiten begann und später eine andere Alm drei Jahre lang selbst führte. Die einzige Bedingung dort: alles selbst zu machen, von Brot über die Butter bis zum Frischkäse. „Das hat mich geprägt. Wenn du einmal siehst, wie es schmeckt, wenn du alles selbst machst, willst du nichts anderes mehr. Und die Gäste haben es so was von geschätzt.“

Carolyn wiederum studierte Architektur und experimentierte während des Studiums schon viel mit fermentierten Getränken und interessierte sich sehr für guten Kaffee. Als sich 2021 in Maria Alm die Gelegenheit ergab, eine leerstehende Gastrofläche zu übernehmen – Carolyn arbeitete zu dieser Zeit in einem Architekturbüro –, entschieden sich die Schwestern, ein gemeinsames Projekt zu wagen. Die Rollen waren klar: Jacqueline richtet als Köchin an, Carolyn als Architektin ein – und als Gastgeberin richtet sie die Gaststube und die Bar aus. „Der Raum war ein Rohbau“, erzählt Carolyn. „Ich habe alles selbst geplant – das Konzept, die Möbel, das Licht. Und die Getränkekarte sowieso.“

In der Küche treibt Jacqueline ihre auf der Alm entwickelte Philosophie auf die Spitze. Alles, was sich selbst machen lässt, entsteht im Haus, alles im saisonalen Kreislauf: einlegen, fermentieren, oft auch Überschüsse von befreundeten Produzent:innen verarbeiten, etwa die Riesenkürbisse vom Nachbarn, das ein oder andere Stück Wild oder im Herbst die Murmeltiere. Eine Fritteuse gibt es nicht, ebenso wenig Suppenpulver oder Geschmacksverstärker. „Ich wüsste nicht einmal, was da möglich wäre“, sagt Jacqueline. „Bei uns muss der Geschmack aus dem Produkt selbst kommen.“

„Salzig, sauer, knusprig, ein bisschen buttrig muss es immer sein“, sagt Jacqueline. Schwammerl kommen ihr am liebsten nur mit Butter und Salz auf den Teller, Klassisches wie Beuschl oder Gulasch interpretiert sie gerne neu – etwa ihr „Damengulasch“ von der alten Kuh, mit grünem Knödel, Wachtelei, Minifrankfurter und Gurkerl.  Gerichte aus der Kindheit wie Erdäpfinidei mit Sauerkraut stehen ebenso auf der Karte wie Italienisch-Inspiriertes – mittwochs wird immer italienisch gekocht – etwa hausgemachter Mozzarella mit Kürbis-Passata, Pasta und Wildhase. Die Gerichte entstehen aus dem, was gerade Saison hat. „Wir schreiben die Karte nicht von oben runter, sondern von unten rauf: Was gibt’s grad? Was würden wir gerne ausprobieren?“ Inspiration holen sich Jacqueline und Carolyn oft beim gemeinsamen Reisen. Eine geräucherte Entenbrust mit Muscheln in Prag wird daheim mit Rindsbackerlschinken und Steinbergschnecken neu interpretiert. Oder die oft als Krankheitsessen verrufene Hendlsuppe wird zur klaren Wonton-Suppe mit regionalen Zutaten.

Rindfleisch etwa vom Hatzbauer in Maria Alm, Shiitake- und Austernpilze von Andi Eibl von den Flachgauer Bio-Pilzen, Milchprodukte von Ziefer’s Hofmolkerei oder vom Melchambauer, Steinbergschnecken von der Bräumühle in Saalfelden. Wenn Jäger:innen Rehe oder Murmeltiere schießen, landen sie bei Jacqueline auf der Karte des Überraschungsmenüs – die sich oft und gerne ändert. „Die Murmeltiere müssen geschossen werden, weil sie sonst Überhand nehmen“, sagt sie – und kocht daraus etwa Nudeln mit „Mangerl“-Füllung. Einen Teil der Kräuter bauen die beiden selbst an, etwa jene für den eigenen Wermut. Einige Produzent:innen liefern, etliches holen die Schwestern auch selbst ab. „Das ist der Preis der Konsequenz – viele kleine Lieferant:innen, viel Abstimmung“, sagt Jacqueline. „Aber für uns war Regionalität von Anfang an selbstverständlich.“ Rund 60 Prozent der Grundprodukte sind bio-zertifiziert. „Manche Kleinstbetriebe sind nicht zertifiziert, arbeiten aber so sauber, dass wir voll dahinterstehen“, sagt sie.

Vieles entwickelt Jacqueline auch gemeinsam mit ihren Produzent:innen. „Salsiccia? Chorizo? Rindsbackerlschinken? Gab’s hier so nicht – also haben wir mit dem Metzger eigene Wurstrezepte entwickelt.“

Service und Getränke sind Carolyns Bereich. Sie kuratiert eine Getränkekarte mit ausschließlich österreichischen Weinen und ergänzt sie um selbstgemachte Getränke wie Bitter, Limoncello, fermentierte Limonaden, Kombucha und hausgemachten Wermut. „Wir schauen uns jedes Produkt genau an. Und mit jeder Speisekarte ändert sich auch die Weinkarte.“ Carolyn legt dabei einen besonderen Fokus auf Naturweine: Alle zwei Wochen laden die beiden zum Wine Club: zum Probieren, Reden, Lernen, so schon lange im Freundeskreis, nur jetzt auch offiziell und offen für alle Gäste.

Dass sie Schwestern sind, ist manchmal Herausforderung, meistens Vorteil: „Die Hemmschwelle ist niedriger – wir trauen uns, unsere Ideen offener zu sagen“, meint Jacqueline. „Wir wissen meistens genau, was die andere meint und versuchen, das, was der anderen wichtig ist, gleich mitzudenken“, sagt Carolyn. „Wir haben ähnliche Vorstellungen – und wenn nicht, dann bewegen wir uns aufeinander zu. Am Ende passt alles gut zusammen.“

Gut zusammengekommen ist auch ihre Idee vom eigenen Wirtshaus – eines, das anders sein sollte. „Unser Ziel war, dass unser ganzer Betrieb ein schöner Kreislauf ist – dass wir gut wirtschaften und in der Küche so verantwortungsvoll wie möglich arbeiten“, sagt Jacqueline. „Alles andere ist noch schöner geworden, als wir es uns vorgestellt haben.“

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Mehr über das Wirtshaus herzogin erfährst du hier

Zum Nachkochen: 

Hier findest du Jacqueline Herzogs Rezept für Riesenkürbis-Dukaten.

Auf einen Blick

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Jacqueline und Carolyn Herzog

herzogin. das andere wirtshaus
5761 Maria Alm
Am Dorfplatz 7