Tiefenbach

René Zimmermann

Waldjungfrau farm to fork

Zwischen alten Apfelbäumen, raumhohen Regalen voller Gläser mit fermentiertem Obst und Gemüse und einem Garten voller Experimente denkt René Zimmermann Gastronomie neu. Seine Küche wächst auf Waldviertler Boden – sie erzählt vom Zusammenwirken von Landwirtschaft, Transparenz und Geschmack und von der Verantwortung, die Gastronomie tragen muss.

„Ich koche mit dem, was es hier gibt. Ich sage immer: Wir haben alles im Umkreis von 20 Kilometern – aber eigentlich reichen auch zehn.“ René Zimmermanns Küche im nördlichsten Zipfel des Waldviertels ist kompromisslos regional, konsequent bio und getragen von der Überzeugung, dass Gastronomie Verantwortung trägt. „Es bringt nichts, wenn ich mit einer handgetauchten Jakobsmuschel werbe und das Schlagobers oder die Zwiebel kommt vom Großhandel. Warum sollten diese Zutaten weniger wichtig sein?“ Seine Haltung ist klar: Vertrauen in Produzent:innen, Transparenz bis ins Detail und ein Geschmack, der aus dem Boden wächst.

Sein Weg begann früh. Mit fünfzehn begann er seine Lehre als Koch, mit siebzehn zog er hinaus – Arlberg, Kärnten, Norwegen, Spanien, Deutschland. Er arbeitete in Hauben- und Sternerestaurants, lernte die Inszenierung der Gourmetküche kennen. Doch bald spürte er, „dass mich nicht die klassische Gourmetküche mit Fokus auf Luxusprodukte reizt, sondern etwas anderes: Ich will mein eigenes Gemüse anbauen und damit kochen. Ich will alles verstehen – den gesamten Kreislauf: von der Aussaat bis zur Verarbeitung.“ Besonders prägend war seine Zeit im Restaurant Mangold in Lochau, das schon damals eng mit dem Wegwartehof, einem der ersten Biobetriebe Vorarlbergs, zusammenarbeitete. „Im November bekamen wir die Anbauliste für die kommende Saison. Jeder Koch durfte sich sein Spezialgemüse aussuchen – das wurde dann exklusiv für uns angebaut.“ Diese Erfahrung war sein Einstieg ins Thema Farm-to-Table – und ließ ihn nie wieder los. „Seither denke ich ununterbrochen über Geschmack, Qualität und Kreisläufe nach.“

Nach Stationen in halb Europa – unter anderem auf der norwegischen Insel Lygra, wo er sich noch intensiver mit Farm-to-Table, Fermentation und Wildkräutern beschäftigte – lebt und kocht er heute auf einem über hundert Jahre alten Bauernhof in Kautzen, nahe der tschechischen Grenze, unweit seines Heimatortes. Hinter dem Haus erstreckt sich ein 1.000 Quadratmeter großer regenerativer Gemüsegarten, daneben auf einer neuerworbenen Fläche ein „Naschgarten“ mit frisch gepflanzten Jungbäumen alter Apfelsorten, Holunder, Dirndl – und Pflanzen, die dem Klimawandel trotzen sollen, wie Pawpaws. „Ich wollte verstehen, wie Bäuer:innen arbeiten. Wie Böden auf unterschiedliche Methoden reagieren. Ich wollte sehen und erkennen, was da draußen wächst – und wie es angebaut wurde.“ Deshalb absolvierte er parallel die Landwirtschaftsschule Edelhof. Auf seinem Hof betreibt er eine Küche und ein Fermentationslabor, für Pop-ups, Workshops und kulinarische Bildung ist er jedoch in ganz Österreich unterwegs.

Seine Handschrift ist reduziert und produktfokussiert. „Ich gebe oft nicht mehr dazu als etwas Öl und etwas Salz“, sagt er über seine ofengerösteten Karotten, die selbst erklärte Karotten-Verweiger:innen überzeugen. Voraussetzung dafür ist freilich bestes Gemüse voller Geschmack. Wie die biologisch-dynamisch produzierten Karotten von Katharina Haumer, einer seiner engsten Partnerinnen, die im nördlichen Waldviertel Bio-Gemüse anbaut. Überhaupt kennt René alle seine Produzent:innen beim Namen – und sie ihn. „Vertrauen ist für mich zentral – wichtiger als jedes Siegel.“ So arbeitet er etwas neben Katharina vom Meierhof Peigarten auch eng mit Bio-Bauer Karl Ringl zusammen, der ihm Getreide liefert: „Der ist ein echter Freak – jedes Mal, wenn wir uns sehen, zeigt er mir neue Produkte.“

Bio ist für René die Mindestanforderung, doch eigentlich geht es für ihn weit darüber hinaus: „Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Bio-Gemüse weniger belastet ist. Und bei Demeter spürt man die Philosophie und schmeckt sie auch, wie ich finde.“ Einschränkungen, die daraus resultieren, nimmt er in Kauf: „Wenn mir ein Produzent, eine Produzentin sagt, dass es gerade kein Kraut gibt, weil er oder sie aus Prinzip nicht bewässert, dann ist das so. Gemüse muss für mich auch nicht perfekt aussehen. Es muss gut schmecken.“

Vielfalt und Verfügbarkeit über die Saison hinaus entstehen bei René durch seine Vorratskammer: Zwetschken, Rote Rüben, Topinambur – alles, was in der Saison im Überfluss wächst, wird fermentiert, eingekocht oder eingelegt. „Ich liebe asiatische Küche – aber vieles gibt es nicht in bio. Also mach ich’s selbst.“ So entstehen selbst Miso, Sojasauce oder Fischsauce direkt bei ihm am Hof. Und immer gilt: zero waste. Paradeiserschalen und -kerne trocknet er nach dem Ketchup-Einkochen und vermischt sie mit Salz zu einem intensiven Pulver. Aus dem Sud von fermentiertem Topinambur stellt er eine aromatische Reduktion her, einen sogenannten „Lack“. Oder er kocht Karamell aus Birkensaft.

Für René geht Kochen über das Handwerk hinaus – Gastronomie sei auch ein Ort der Transparenz: „Ich bin mir sicher, dass viele Menschen viele Dinge nicht mehr essen würden, wenn sie wüssten, woher sie kommen und wie sie produziert wurden.“ Deshalb ist ihm Wissensweitergabe so wichtig: in Workshops, in denen er zeigt, was in der Region wächst und warum der Einkauf direkt bei Bio-Bäuer:innen oft günstiger ist als im Supermarkt. Er engagiert sich aber auch in Projekten mit Elterninitiativen, die Kindergärten und Schulen im Waldviertel künftig regional versorgen wollen. Und ein großes persönliches Anliegen sind ihm Kurse für alleinerziehende Mütter: „Ich zeige, wie man mit überschaubarem Budget und regionalem Bio-Gemüse in 20 Minuten eine gesunde Mahlzeit auf den Tisch bringt.“

Übrigens: 

Mehr über René Zimmermanns Waldjungfrau erfährst du hier

Zum Nachkochen:

Hier findest du René Zimmermanns Rezept für Mohnkuchen mit Mädesüß-Creme und Rhabarber-Kompott zum Nachkochen

„Ich denke ununterbrochen über Geschmack, Qualität und Kreisläufe nach.“

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Waldjungfrau Farm to Fork
3851 Tiefenbach
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